Wie helfen Antidepressiva und wie wirken sie?
- Dr. med. Lienhard Maeck
- 4. Feb.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Feb.
Wenn es um Antidepressiva geht, gibt es oft viele Fragen und Missverständnisse. Wie genau funktionieren sie? Machen sie "glücklich"? Und warum wirken sie nicht sofort? Lassen Sie uns das Ganze mal aufdröseln!
Die Chemie des Glücks – oder zumindest der Stabilität
Unser Gehirn ist eine riesige Kommunikationszentrale, in der Milliarden von Nervenzellen (Neuronen) miteinander "sprechen". Damit diese Kommunikation klappt, braucht es Botenstoffe – sogenannte Neurotransmitter. Bei Depressionen spielen vor allem drei davon eine grosse Rolle:
Serotonin (oft als „Glückshormon“ bezeichnet, beeinflusst Stimmung, Schlaf und Appetit)
Noradrenalin (wichtig für Antrieb, Motivation und Aufmerksamkeit)
Dopamin (zentral für Belohnungsempfinden und Motivation)
Wenn das Gleichgewicht dieser Stoffe gestört ist – zum Beispiel, weil zu wenig Serotonin zur Verfügung steht – kann das depressive Symptome auslösen. Hier setzen Antidepressiva an.
So wirken Antidepressiva
Antidepressiva helfen, das Ungleichgewicht der Botenstoffe zu korrigieren. Aber sie wirken nicht wie eine Schmerztablette, die sofort anschlägt. Stattdessen brauchen sie in der Regel zwei bis vier Wochen, bis die volle Wirkung einsetzt. Das liegt daran, dass unser Gehirn Zeit braucht, um sich an die neuen Bedingungen anzupassen.
Es gibt verschiedene Klassen von Antidepressiva, die auf unterschiedliche Weise in den Hirnstoffwechsel eingreifen:
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI): Sie sorgen dafür, dass Serotonin länger im synaptischen Spalt bleibt und so seine Wirkung besser entfalten kann. Beispiele: Citalopram, Fluoxetin, Sertralin.
Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI): Sie erhöhen sowohl Serotonin als auch Noradrenalin. Beispiele: Venlafaxin, Duloxetin.
Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahmehemmer (NDRI): Sie erhöhen gezielt Noradrenalin und Dopamin. Beispiel: Bupropion.
Trizyklische Antidepressiva (TZA): Ältere Wirkstoffe, die ähnlich wie SNRI wirken, aber oft mehr Nebenwirkungen haben. Beispiele: Amitriptylin, Clomipramin.
Monoaminooxidase-Hemmer (MAO-Hemmer): Sie verhindern den Abbau von Serotonin, Noradrenalin und Dopamin, sind aber aufgrund möglicher Wechselwirkungen seltener im Einsatz.
Was Antidepressiva können – und was nicht
Wichtig: Antidepressiva sind keine Glückspillen! Sie zaubern keine Euphorie herbei, sondern helfen dabei, die Grundstimmung zu stabilisieren und Symptome wie Antriebslosigkeit, Schlafstörungen oder innere Unruhe zu lindern. Sie sind ein Werkzeug – und in vielen Fällen ein sehr effektives.
Trotzdem wirken sie nicht bei jedem gleich gut, und manchmal braucht es mehrere Versuche, bis das passende Medikament gefunden wird. Zudem entfalten sie ihre beste Wirkung oft in Kombination mit Psychotherapie, Bewegung und einem gesunden Lebensstil.
Nebenwirkungen und Vorurteile
Ein häufiger Kritikpunkt an Antidepressiva sind Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, sexuelle Dysfunktion oder emotionale Abstumpfung. Ja, solche Effekte können auftreten – aber nicht bei jedem und nicht bei jedem Medikament gleichermassen. Deshalb ist es wichtig, die Therapie regelmässig mit einem Arzt oder einer Ärztin abzustimmen.
Und dann gibt es noch den Mythos der Abhängigkeit: Klassische Antidepressiva machen nicht süchtig! Sie müssen zwar in der Regel langsam ausgeschlichen werden, um Absetzsymptome zu vermeiden, aber sie verursachen keine suchterzeugende Wirkung wie z. B. Beruhigungsmittel. Wer mehr dazu wissen will, lese auch hier.
Fazit: Ein sinnvolles Hilfsmittel, aber kein Allheilmittel
Antidepressiva können Menschen mit Depressionen helfen, wieder mehr Stabilität und Lebensqualität zu erlangen. Sie sind aber keine schnelle Lösung und auch keine Dauerlösung für jede Lebenskrise. Wer sie nimmt, sollte dies in enger Absprache mit Fachleuten tun und sich bewusst machen, dass Medikamente am besten wirken, wenn sie Teil eines ganzheitlichen Therapieansatzes sind.
Kurz gesagt: Antidepressiva sind kein Wundermittel – aber für viele ein wichtiger Baustein auf dem Weg aus der Depression.
Disclaimer: Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.