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Psychosomatik: Wenn die Seele den Körper beeinflusst

  • Autorenbild: Dr. med. Lienhard Maeck
    Dr. med. Lienhard Maeck
  • 10. Feb.
  • 3 Min. Lesezeit

Haben Sie schon mal erlebt, dass Stress Ihnen auf den Magen schlägt oder dass Sie Kopfschmerzen bekommen, wenn Ihnen alles über den Kopf wächst? Willkommen in der faszinierenden Welt der Psychosomatik! Hier geht es um das komplexe Zusammenspiel zwischen Geist und Körper – und nein, psychosomatische Beschwerden sind keine Einbildung.

 

Ein Phänomen mit Geschichte

Die Idee, dass Emotionen und Gedanken den Körper beeinflussen können, ist nicht neu. Schon in der Antike sprach Hippokrates von der engen Verbindung zwischen Psyche und Physis. In der traditionellen chinesischen Medizin sowie im Ayurveda ist dieses Wissen seit Jahrtausenden verankert: Körper und Geist bilden eine Einheit. Im Mittelalter war diese Erkenntnis weniger populär, da Krankheiten oft als Strafe Gottes angesehen wurden. Doch mit der modernen Medizin erlebte die Psychosomatik eine Renaissance. Sigmund Freud (1856-1939) und Carl Gustav Jung (1875-1961) erforschten, wie unterdrückte Gefühle und traumatische Erlebnisse zu körperlichen Symptomen führen können.


Heute beschäftigen sich verschiedene Disziplinen mit dem Zusammenspiel von Körper und Seele. Die Psychoneuroimmunologie untersucht beispielsweise, wie sich Stress auf das Immunsystem auswirkt, und zeigt, dass anhaltende seelische Belastungen das Krankheitsrisiko erheblich erhöhen können. Auch die Neurowissenschaften beschäftigen sich zunehmend mit der Frage, wie Emotionen unsere körperliche Gesundheit beeinflussen. Studien belegen, dass chronischer Stress die Zellalterung beschleunigen kann, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht und sogar Einfluss auf unsere Genexpression hat.

 

Kein Hirngespinst, sondern Fakten

Wer psychosomatische Symptome hat, wird oft mit einem mitleidigen Lächeln bedacht: "Ach, das bildest Du Dir nur ein!" Dabei zeigen zahlreiche Studien, dass psychische Belastungen sehr wohl zu messbaren körperlichen Beschwerden führen können. Stress aktiviert das autonome Nervensystem, lässt den Cortisolspiegel steigen und kann so langfristig Krankheiten begünstigen. Dauerhafte Belastungen können sogar Entzündungsprozesse im Körper verstärken und chronische Erkrankungen verschlimmern. Ein gestresstes Nervensystem kann nicht zuletzt den Blutdruck erhöhen, den Stoffwechsel durcheinanderbringen und sogar das Schmerzempfinden verstärken.


Typische psychosomatische Beschwerden sind:


  • Magen-Darm-Probleme: Reizmagen, Reizdarm oder Übelkeit durch emotionale Anspannung.

  • Kopfschmerzen und Migräne: Oft durch Stress oder unterdrückte Gefühle ausgelöst.

  • Herzrasen und Atemnot: Können sich wie eine ernste Krankheit anfühlen, sind aber oft eine Folge von Angst.

  • Hauterkrankungen: Stress kann Neurodermitis oder Schuppenflechte verstärken.

  • Rückenschmerzen: Emotionale Lasten schlagen sich oft in Muskelverspannungen nieder.

  • Schlafstörungen: Anhaltende innere Unruhe kann zu Einschlaf- oder Durchschlafproblemen führen.

  • Tinnitus: Ohrgeräusche können durch Stress und innere Anspannung ausgelöst oder verstärkt werden.

  • Chronische Müdigkeit: Ständige Erschöpfung ohne erkennbare körperliche Ursache kann auf emotionale Belastungen hindeuten.

 

Wege aus dem psychosomatischen Teufelskreis

Die gute Nachricht: Wer die seelischen Ursachen erkennt, kann auch den Körper entlasten. Hier ein paar bewährte Strategien:


  • Selbstreflexion: Ein Tagebuch oder Gespräche mit Freunden helfen, innere Konflikte aufzudecken und besser zu verarbeiten.

  • Entspannungstechniken: Meditation, Yoga, progressive Muskelentspannung (PMR) oder Atemübungen können helfen, das Stresslevel zu senken.

  • Therapie: Wer tief sitzende emotionale Ursachen aufarbeiten möchte, kann sich professionelle Unterstützung holen. Verhaltenstherapie oder tiefenpsychologische Ansätze können hier besonders hilfreich sein.

  • Bewegung: Sport setzt "Glückshormone" frei, hilft Anspannungen abzubauen und stärkt das Immunsystem.

  • Achtsamkeit und Stressmanagement: Techniken wie autogenes Training (AT) oder achtsames Wahrnehmen der eigenen Bedürfnisse können dabei helfen, innere Balance zu finden.

  • Soziale Unterstützung: Ein starkes Netzwerk aus Familie und Freunden kann emotionale Belastungen abfedern und das Wohlbefinden steigern.

  • Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung kann helfen, den Körper zu stärken und Stressresistenz aufzubauen. Lebensmittel wie Omega-3-Fettsäuren, Magnesium und B-Vitamine können das Nervensystem unterstützen (aber nicht einfach drauf los supplementieren, erst den Hausarzt/die Hausärztin konsultieren!).

  • Schlafhygiene: Regelmässige Schlafzeiten, eine entspannende Abendroutine und der Verzicht auf Bildschirmzeit vor dem Schlafen können helfen, erholsamen Schlaf zu fördern.

  • Abgrenzung lernen: Menschen, die Schwierigkeiten haben, „Nein“ zu sagen, setzen sich oft unter enormen Stress. Eigene Bedürfnisse wahrnehmen und Grenzen setzen sind essenziell für das seelische Gleichgewicht.

 

Fazit: Hinhören statt Wegdrücken

Psychosomatische Beschwerden sind keine eingebildeten Krankheiten, sondern ein klarer Beweis dafür, dass Körper und Seele untrennbar verbunden sind. Statt Symptome nur medikamentös zu bekämpfen, lohnt es sich, nach den eigentlichen Ursachen zu suchen. Vielleicht ist es an der Zeit, dem Körper zuzuhören und die eigene Seele ernst zu nehmen. Wer achtsam mit sich selbst umgeht, kann nicht nur sein Wohlbefinden steigern, sondern auch langfristig gesünder und glücklicher leben. Die Psychosomatik lehrt uns, dass wir auf unser Inneres hören müssen, bevor es unser Körper für uns tut. Manchmal sind es die leisen Signale, die uns den Weg weisen. Vielleicht ist es Zeit, nicht nur Schmerzen zu lindern, sondern auch die eigenen emotionalen Bedürfnisse bewusster wahrzunehmen und aktiv für die eigene Gesundheit zu sorgen.

 

Disclaimer: Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

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