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Panikattacken: Kein Grund zur Panik!

  • Autorenbild: Dr. med. Lienhard Maeck
    Dr. med. Lienhard Maeck
  • 1. März
  • 4 Min. Lesezeit

Kennen Sie das? Ihr Herz rast plötzlich wie wild, die Luft wird scheinbar knapp, Schweiss bricht aus und ein überwältigendes Gefühl der Bedrohung überkommt Sie – obwohl, objektiv betrachtet, gar keine Gefahr besteht. Wenn Sie diese Symptome kennen, haben Sie möglicherweise bereits eine Panikattacke erlebt. Sie sind damit nicht allein! In diesem Artikel erfahren Sie, was Panikattacken sind, wie verbreitet sie sind und vor allem: was Sie dagegen tun können.



 

Was genau ist eigentlich eine Panikattacke?

Eine Panikattacke ist mehr als nur "starke Nervosität" – sie ist ein plötzlicher, intensiver Angstanfall, der oft ohne erkennbaren Auslöser auftritt. Laut der internationalen Klassifikation psychischer Störungen müssen mindestens vier der folgenden Symptome auftreten, um von einer Panikattacke zu sprechen:


  • Herzklopfen, Herzrasen oder unregelmässiger Herzschlag

  • Schwitzen

  • Zittern oder Beben

  • Mundtrockenheit

  • Atemnot oder Erstickungsgefühle

  • Beklemmungsgefühl oder Schmerzen in der Brust

  • Übelkeit oder Bauchbeschwerden

  • Schwindel oder Benommenheit

  • Derealisation (Gefühl der Unwirklichkeit) oder Depersonalisation (Gefühl, von sich selbst getrennt zu sein)

  • Angst, die Kontrolle zu verlieren oder "verrückt zu werden"

  • Angst zu sterben

  • Taubheits- oder Kribbelgefühle

  • Hitzewallungen oder Kälteschauer


Das Tückische: Viele Menschen, die zum ersten Mal eine Panikattacke erleben, glauben, sie hätten einen Herzinfarkt oder eine andere lebensbedrohliche Erkrankung – was die Angst und damit die Symptome noch verstärkt.

 

Wie häufig kommen Panikattacken vor?

Überraschend viele Menschen kennen das Phänomen: Etwa 28% der Bevölkerung erleben mindestens einmal im Leben eine Panikattacke. Von einer Panikstörung – bei der die Attacken wiederholt auftreten und eine anhaltende Angst vor weiteren Attacken besteht – sind etwa 2-3% der Menschen betroffen. Frauen sind dabei etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Das typische Ersterkrankungsalter liegt übrigens zwischen dem späten Teenageralter und Mitte 30. Aber auch Kinder und ältere Menschen können betroffen sein.

 

Erste Hilfe bei einer Panikattacke

Wenn Sie oder jemand in Ihrer Umgebung gerade eine Panikattacke erlebt, können diese Strategien helfen:


Für Betroffene:


  1. Atmen Sie bewusst: Versuchen Sie, langsam und tief zu atmen. Zählen Sie beim Einatmen bis 4, halten Sie kurz die Luft an und atmen Sie bis 6 aus. Diese verlängerte Ausatmung hilft, das parasympathische Nervensystem zu aktivieren.

  2. Ankern Sie sich in der Realität: Wenden Sie die 5-4-3-2-1-Methode an: Benennen Sie 5 Dinge, die Sie sehen, 4 Dinge, die Sie spüren, 3 Dinge, die Sie hören, 2 Dinge, die Sie riechen und 1 Ding, das Sie schmecken können.

  3. Erinnern Sie sich: Eine Panikattacke kann sehr beängstigend sein, aber sie ist nicht gefährlich. Sie wird vorübergehen!

  4. Bewegen Sie sich sanft: Falls möglich, gehen Sie ein paar Schritte oder schütteln Sie Ihre Hände aus.


Für Helfende:


  1. Bleiben Sie ruhig: Ihre Ruhe kann sich positiv auf die betroffene Person übertragen.

  2. Sprechen Sie klar und einfach: Komplexe Erklärungen oder Diskussionen sind während einer Attacke nicht hilfreich.

  3. Bieten Sie Unterstützung an: "Ich bin bei dir. Du bist nicht allein. Es wird vorübergehen."

  4. Respektieren Sie Grenzen: Manche Menschen möchten während einer Attacke nicht berührt werden, andere finden eine Hand auf der Schulter beruhigend.

 

Warum entstehen Panikattacken überhaupt?

Die genauen Ursachen sind komplex und individuell unterschiedlich. Als Faktoren, die zur Entstehung beitragen können, gelten:


  • Genetische Veranlagung: Wenn Eltern oder Geschwister an Angststörungen leiden, ist das eigene Risiko erhöht.

  • Neurobiologische Faktoren: Ungleichgewichte von Neurotransmittern wie Serotonin können eine Rolle spielen.

  • Psychologische Faktoren: Eine Neigung zu Katastrophendenken oder eine geringe Toleranz gegenüber Unsicherheit kann Panikattacken begünstigen.

  • Traumatische Erlebnisse: Belastende Lebensereignisse können Trigger für Panikattacken sein.

  • Lebensstil: Übermässiger Koffeinkonsum, Schlafmangel und chronischer Stress wirken als Verstärker.

 

Behandlungsmöglichkeiten

Bei wiederkehrenden Panikattacken ist professionelle Hilfe sinnvoll. Die Behandlung kann folgende Ansätze umfassen:


Psychotherapie

Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) gilt als besonders wirksam. Sie hilft, angstauslösende Gedankenmuster zu erkennen und zu verändern. Eine spezielle Form ist die Expositionstherapie, bei der man sich schrittweise und unter therapeutischer Anleitung den gefürchteten Situationen oder körperlichen Empfindungen aussetzt. Das klingt erst einmal wenig verlockend, hilft aber besonders gut!


Medikamentöse Behandlung

Bei schweren Verläufen können Medikamente wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) verschrieben werden. Manchmal kommen auch Benzodiazepine zum kurzfristigen Einsatz, allerdings besteht hier ein Abhängigkeitsrisiko.


Selbsthilfemassnahmen für den Alltag

Neben der professionellen Behandlung können Sie selbst viel tun, um Panikattacken vorzubeugen:


  1. Entspannungstechniken regelmässig üben: Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, autogenes Training oder Meditation können das Erregungsniveau senken.

  2. Ausreichend bewegen: Moderater Sport 3-4 Mal pro Woche reduziert nachweislich Angstsymptome. Besonders geeignet sind Ausdauersportarten wie Laufen, Schwimmen oder Radfahren.

  3. Auf Schlaf und Ernährung achten: Schlafmangel und stark schwankender Blutzuckerspiegel können Panikattacken begünstigen.

  4. Angsttagebuch führen: Notieren Sie, wann Attacken auftreten und welche Situationen, Gedanken oder körperlichen Empfindungen vorausgingen. So können Sie Muster erkennen.

  5. Koffein und Alkohol reduzieren: Beide Substanzen können Angstsymptome verstärken.

  6. Achtsamkeit kultivieren: Lernen Sie, im Moment zu sein und Gedanken und Gefühle ohne Bewertung wahrzunehmen.

 

Wann sollten Sie professionelle Hilfe suchen?

Wenn Panikattacken wiederholt auftreten, Ihren Alltag beeinträchtigen oder Sie aus Angst vor weiteren Attacken bestimmte Situationen meiden, ist es ratsam, fachliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ein erster Ansprechpartner kann Ihr Hausarzt sein, der Sie bei Bedarf an einen Psychotherapeuten oder Psychiater überweisen kann.

 

Fazit: Panikattacken sind erschreckend, aber nicht gefährlich. Mit den richtigen Strategien und bei Bedarf professioneller Unterstützung lassen sie sich gut bewältigen. Vergessen Sie nicht: Sie sind nicht allein mit diesem Problem, und Hilfe zu suchen ist ein Zeichen von Stärke, nicht von Schwäche!

 

Disclaimer: Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

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