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Machen Antidepressiva eigentlich abhängig?

  • Autorenbild: Dr. med. Lienhard Maeck
    Dr. med. Lienhard Maeck
  • 12. Jan.
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 31. Jan.


Wenn ich in meiner Praxis über die Möglichkeiten zur Behandlung von Depressionen spreche, kommt eine Frage immer wieder auf: "Machen Antidepressiva abhängig?". Diese Sorge ist absolut verständlich — schliesslich möchte niemand das Gefühl haben, ohne Medikamente nicht mehr klarkommen zu können. Wie sieht es also mit Antidepressiva und Abhängigkeit wirklich aus?

 

Was bedeutet eigentlich Abhängigkeit?

Bevor wir über Medikamente reden, lohnt es sich, den Begriff "Abhängigkeit" genauer zu klären. Typischerweise sprechen wir von einer Abhängigkeit, wenn:


  • Ein starkes Verlangen (Craving) nach einer Substanz besteht.

  • Die Dosis gesteigert werden muss (Toleranzbildung), um dieselbe Wirkung zu erzielen.

  • Entzugssymptome auftreten, wenn die Substanz abgesetzt wird.


Substanzen wie Alkohol, Nikotin oder Opioide erfüllen diese Kriterien häufig. Aber wie sieht es bei Antidepressiva aus?

 

Antidepressiva sind keine "Glückspillen"

Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass Antidepressiva sofort "happy" machen — quasi wie ein Stimmungs-Booster auf Knopfdruck. Das stimmt aber nicht. Antidepressiva wirken auf bestimmte Botenstoffe im Gehirn (wie Serotonin oder Noradrenalin) und helfen, ein chemisches Ungleichgewicht zu regulieren. Dieser Prozess braucht Zeit und wirkt sanfter als beispielsweise der schnelle Kick durch Substanzen wie Koffein oder Drogen.

 

Keine klassische Abhängigkeit

Antidepressiva, vor allem die häufig eingesetzten SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer), gelten nicht als abhängigkeitserzeugend im klassischen Sinne:


  • Es gibt kein Craving nach dem Medikament.

  • Toleranz entwickelt sich normalerweise nicht.

  • Bei richtiger Einnahme führt die Behandlung auch nicht zu einer Steigerung der Dosis.

 

Und was ist mit Absetzerscheinungen?

Okay, hier wird es interessant. Manche Menschen erleben nach dem Absetzen von Antidepressiva sogenannte Absetzerscheinungen. Das können Symptome wie Schwindel, Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder sogar grippeähnliche Beschwerden sein. Diese Symptome sind jedoch nicht dasselbe wie Entzugserscheinungen bei Suchtmitteln. Sie lassen sich in der Regel vermeiden, wenn das Medikament langsam und schrittweise abgesetzt wird — am besten in Absprache mit Ihrer behandelnden Ärztin oder dem Arzt.

 

Fazit: Keine Panik vor der Pille

Wenn Ihnen Ihr Arzt oder Ihre Ärztin ein Antidepressivum empfiehlt, geht es darum, Ihnen in einer schwierigen Lebensphase zu helfen. Antidepressiva sind kein "Suchtstoff", sondern ein wichtiger Baustein in der Behandlung von Depressionen und Angststörungen. Falls Sie unsicher sind oder Fragen haben, sprechen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin einfach an. Sie sind da, um gemeinsam mit Ihnen den besten Weg zu finden — ganz ohne Druck und mit einem offenen Ohr für Ihre Bedenken.

 

Disclaimer: Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.


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